“Einer unserer Spaziergänge führte uns an den schrottigen Rädern auf der Donnersbergerbrücke vorbei, die wir da zum ersten mal so richtig bewusst wahrgenommen haben. Wer läßt denn sein Rad einfach so vergammeln? Welchen Grund hat man wohl, sein Rad nicht mehr abzuholen und wieviele Fahrräder rosten wohl noch unbemerkt in Kellern oder Hinterhöfen vor sich hin?
Wir haben den Bogen noch weitergesponnen und an unseren eigenen Keller gedacht – was da so ungenutzt rumstand. Horand hat schon in der ein oder anderen Situation ein Teil aus den Tiefen unseres Kellers hochgezaubert, von dem ich selber noch nicht mal wusste, dass wir das hatten. Dinge wie Tische, Stühle, Instrumente oder vergessener Räder mit platten Reifen – Horand hat sie aufgemöbelt, wieder zum laufen gebracht, sie hübsch gemacht und über Ebay Kleinanzeigen verkauft. Jedes Teil ging weg wie warme Semmeln, weil es alte, durch Liebe und Handarbeit hergerichtete Dinge waren. So hat er immer wieder unsere Haushaltskasse aufgebessert – mit dem, was eh schon da war und seiner liebevollen Bastelei.
Auf der Donnersberger Brücke also sind uns eben diese verwaisten Räder ins Auge gesprungen und zack! war da die Idee einer Radlretterei.
Wir haben unser Leben über die Jahre auf nachhaltig, genauer gesagt nach und nach plastik- und müllfrei umgestellt.
Die Idee der Radlretterei ist es, gespendete Räder in jeglichem Zustand wieder aufzubereiten, flott und einzigartig zu machen und dann natürlich wieder zu verkaufen. Dabei geht es nicht darum das große Geld zu machen – wir wollen einfach davon leben können. Uns geht es viel mehr darum, unsere nachhaltige Lebensweise mit der beruflichen verbinden und sie dadurch in jeder Hinsicht leben zu können – das Ganze kombiniert mit dem Vernetzung.
Wir möchten uns mit vielen anderen Menschen und lokalen Projekten zusammentun und sind schon fleißig dabei. Ein Gedanke war zum Beispiel mit einem Projekt zusammenzuarbeiten und ihnen z.B. nicht verwertbare Schläuche zukommen zu lassen, damit sie diese dann beispielsweise zu Portmonées weiterverarbeiten können – die wir dann wiederum bei uns verkaufen möchten.
Wir spinnen den Gedanken nun eben auch weiter, denn wir wollen nicht nur beim Räderretten bleiben, sondern auf lange Sicht eine RETTEREI aufbauen, wenn wir einen Laden dafür gefunden haben. Denn eigentlich kann man ja alles retten, es gibt ja schon so enorm viel, das weggeworfen wird, liegenbleibt oder in Kellern vor sich hindümpelt. Ebenfalls dann im Laden mit am Start: eine Möbel-Retterei. Ge-upcycelte, unikatisierte und verschönerte Möbel. Das Ganze wollen wir mit Workshops rund um müllfrei(er) leben noch kombinieren. Wir wollen also einen Laden eröffnen, in dem man dann alles Aufgewertete sowie Zubehör zum Selbermachen für geringes Geld kaufen kann und wo man auch gleich eine Art Crashkurs im Umdenken machen kann, wenn man die Idee für sich selber entdeckt hat und weiterführen möchte. Eine Runde Sache wird der Laden für uns mit einer kleinen Küche, die wir uns vegetarisch und vegan vorstellen, regional und natürlich auch ohne Müll. Das ist voll Heidis Ding, so dass wir einen Herzensbastler und eine Herzensgastbegerin abgeben.
Eigentlich ist das Wundervolle an dem Ganzen, dass diese Idee aus einer ganz fatalen Situation heraus geboren wurde. Wenn man so will retten wir uns durch den Prozess selber.
Wir waren beide nie glücklich in unseren bisherigen Jobs. Horand hat beispielsweise schon in 32 Berufen gearbeitet – und da sind so unterschiedliche Ausrichtungen wie Masseur, Schweißer, Friseur und palliative Begleitung dabei – und doch sind wir nie irgendwo angekommen. Um so perfekter ist diese Idee jetzt. Denn sie passt nicht nur zu uns, sondern es ist eigentlich einfach nur das, was wir im Kleinen so oder so schon machen. Darum haben wir auch nie weiter darüber nachgedacht, ob das jetzt das Richtige für uns ist. Wir wissen einfach, dass das unser Weg ist. Das sind wir.
Das Konzept haben wir uns nicht ausgedacht, sondern es ist aus uns herausgekommen. Ich mag das Wort ‘Berufung’ nicht so gern, aber jetzt fließen auf einmal alle Dinge aus unserem Leben ineinander und verschmelzen zu einem Ganzen. Und das fühlt sich so gut an. Vor allem ist das ja auch das, was wir unseren Kindern vorleben wollen. Sie sind in die Idee komplett integriert und haben einen Riesen-Spaß dran. Sie sehen, wie wir darin aufgehen und es gibt nichts besseres, als den Kindern vorzuleben, wie man etwas macht, das man wirklich, wirklich machen will.
Und was kommt jetzt? Jetzt möchten wir mit einer Crowdfunding-Kampagne genug Start-Kapital zusammenbekommen, mit dem wir dann einen Laden mieten und einrichten können. Damit wollen wir endlich richtig loslegen. Derzeit stapeln sich schon überall die Räder – im Wohnzimmer, in diversen Kellern … einfach überall – aber wir wollen ja nicht nur Räder reparieren, sondern uns eben auch vernetzen und eine Stätte der Begegnung entstehen lassen. Dafür eben der Laden. Wir haben schon einige Objekte im Auge und daher freuen wir uns jetzt auch so sehr auf die Crowdfunding-Kampagne.“
Und jetzt noch die berühmte Frage: eine Fee auf einem Einhorn kommt um die Ecke und jeder von euch hat einen Wunsch frei. Was wünscht ihr euch?
Heidi: „Das ist gar nicht so einfach, weil ich eh darauf vertraue, dass alles dann kommt, wenn es eben kommt. Aber ich würde mir wirklich wünschen, dass wir den Laden eröffnen können und das so umsetzen können, wie wir uns das vorstellen. Mir wäre aber sehr wichtig, dass wir dabei authentisch bleiben und uns nicht verbiegen müssen. Dass wir einfach dort ankommen können, wo wir hin wollen und dabei weiterhin genug Zeit für uns, unsere Kinder und das Leben haben.“
Horand: „Ich finde es schwierig, mir was zu wünschen. Ich bin mir so sicher, dass es irgendwie dazu kommt. Ich bin sozusagen wunschlos, weil wir das schon machen, was wir machen wollen. Aber wenn ich einen Wunsch äußern müsste, dann würde ich mir wünschen, dass jeder Mensch seine Selbstverantwortung annimmt und den Mut findet, sein Leben entsprechend zu verändern. Oh Gott, klingt das hochtrabend! Das wollte ich nicht, denn ich will nicht so esoterisch klingen – vor allem weil ich das Wort so überhaupt nicht mag. Aber ich hoffe, du verstehst, was ich meine.
Ich bin einfach so froh, dass wir endlich dorthin gesprungen sind, wo wir hin wollen. Und dieses Gefühl auf dem richtigen Weg zu sein, würde ich einfach mehr Menschen wünschen.“
Die beiden schreiben auf ihrer Homepage, dass sie eine Auffangstation für Räder aufmachen wollen und eigentlich schon sind – dieses Bild finde ich wunderschön!
Ich finde die Idee so großartig, dass sie den vernachlässigten Rädern wieder Leben einhauchen wollen. Daher checkt doch auf der offiziellen Website https://www.radlretterei.com/ wann das Crowdfunding beginnt!
Infos auf Facebook findet ihr hier: https://www.facebook.com/Radlretterei/