Samstag

Samstag
“Wer ich bin? Puh, jetzt hast du mich eiskalt erwischt. Das ist gerade sehr schwer zu sagen, denn ich habe erst vor kurzem herausgefunden, dass ich zu den hochsensiblen gehöre. Wahrscheinlich kam es genau im richtigen Moment, wenn auch etwas spät. Die meisten entdecken das ja viel früher.

Früher hab ich mich öfter gefragt: “Warum passt du nicht in diese Welt?” Ich habe mir irgendwie eine eigene Welt gebaut – mit kreativem Schaffen und Kunst. Dort war ich frei. Aber es kamen natürlich immer wieder solche Gedanken auf wie “Ich will nicht empfindlich sein.” oder so Kommentare wie: “Jetzt hab dich doch nicht so.” Also hab ich mich etwas angepasst, war aber immer der Unangepasste.

Die Krux für mich ist meine Art der Wahrnehmung. Ich sehe ziemlich viel und kuck mir alles genau an. Das strengt oft an, weil es erst mal verarbeitet werden muss und das dauert. In unserer schnelllebigen Zeit ist es dann schwierig, zu sehen, dass das auch wertvoll ist, obwohl die meisten ja immer etwas viel schnelleres erwarten. 

Obwohl diese Wahrnehmung oft hinderlich ist, hat sie auch etwas Gutes. Aus ihr heraus entsteht freie Kreativität, gesammelte Eindrücke, die ich abbilde. Manche Leute erkennen darin etwas.

Das Problem ist, dass viele, die mehr oder intensiver wahrnehmen, immer wieder Neues anfangen und es nicht abschließen. Sie interessieren sich ständig für was Neues. So ist es mir oft mit der Kreativität gegangen. Da liegt unglaublich viel Potential brach. Jetzt will ich versuchen, durch ein besseres Selbstmanagement, diese unterschiedlichen Bereiche zusammen zu bringen. Bisher konnte ich mich immer nur auf eine Sache konzentrieren. Irgendwann laugt dich die intensive Auseinandersetzung mit nur einer Sache aus und du ziehst dich zurück in die Introvertiertheit.

Ich erkenne das alles erst jetzt, nachdem ich darüber gelesen habe. Seit dem kommen viele Erinnerungen hoch. Vieles, an das ich ewig nicht gedacht habe. Und jetzt sehe ich: “Das war damals so, weil ….” Ich könnte natürlich sagen, komm, ist doch egal, und mich einfach auf das Leben jetzt konzentrieren. Aber das ist nicht so einfach, denn ich vermute, dass da einiges unverarbeitet im Unterbewusstsein schlummert. Ich hab auf jeden Fall angefangen, über ein paar Sachen nachzudenken, z.B. auch über Liebesbeziehungen. Jetzt macht es plötzlich Sinn, warum manches so krass gelaufen ist. Einerseits hilft es, damit umzugehen, andererseits ist es ganz schön konfrontierend und aufrüttelnd.

Es reizt mich, zu gucken, was entsteht, wenn ich unterschiedliche Bereiche jetzt zusammen bringe. Gleichzeitig muss ich aber aufpassen, meine Sinne dabei nicht zu überreizen. Die Überreizung würde wieder dazu führen, dass ich mich zurückziehe und für andere nicht erreichbar bin – oder besser, nicht offen bin.

Dagegen fällt mit das Arbeiten mit Materialien leicht. Ich liebe Stahl, Holz, Beton. Wenn ich sie in der Hand habe, dann macht das was mit mir. So geht es mir auch mit alten Fahrrädern. Wenn ich einen handgefertigten Stahlrahmen in Händen halte, dann spüre ich, dass da mal jemand viel Liebe reingesteckt hat. Der Stahl erzählt mir seine Geschichte. Oder ich hab ein paar Holzbalken in der Werkstatt rumstehen, angeschwemmt von der Isar oder aus einem Abrisshaus geborgen. Die brauchten hundert Jahre, um zu wachsen. Die ganze Vielfalt von Eindrücken, die Vorstellung daran , was dieses Material erfahren hat, alles, was es verändert hat – das reizt mich und damit arbeite ich. Das genauer zu beschreiben würde allerdings viel zu lange dauern.

Meine Tochter hat vor kurzem mal einen schönen Kommentar auf Facebook geschrieben: “Ich finde toll, wie mein Papa mit Materialien umgeht und man weiss nie, was als nächstes kommt.” Ich hab fast Tränen in den Augen gehabt. Sie hat es gut getroffen und ich fand sehr spannend, dass sie das für sich so formuliert hat. Es war ihr wohl auch wichtig.”

Christopher Lewis hab ich im Impact Hub Munich getroffen. Er baut exklusive Fahrrad-Unikate aus Schrotträdern und gestaltet Objekte für den Wohnbereich aus historischen Baustoffen unter dem Label Samstag. Er schreibt so passend: „Verrückte Projekte verändern Leben!“

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