
Annehmen wie es kommt
Viertel: Untergiesing
Lieblingsort: Aufenthaltsraum zum Ratschen mit den Nachbar:innen
Beruf: Rentnerin
“Ich komme aus Nördlingen und bin vor kurzem 96 Jahre geworden. Ich bin sehr dankbar, dass ich meine Gesundheit und mein Leben noch so genießen kann. Das ist wirklich nicht selbstverständlich. In meinem Alter sind schon viele bettlägrig und krank. Aber mir fehlt gar nichts.
Mein Mann ist seit 14 Jahren tot. Ich hab mich sehr wohl bei ihm gefühlt. Kinder hab ich keine, aber eine Nichte und einen Neffen und die besuchen mich auch immer mal wieder. Aber sie haben wenig Zeit. Nach dem Tod von meinem Mann haben sie mir geholfen, das Zimmer hier im Heim zu finden und meine Nichte und mein Neffe haben es für mich eingerichtet. Sie haben die schönen Bilder von uns zu Hause aufgehängt und einen Strauss mit Blumen mitgebracht.
Seit einem Jahr bin ich jetzt hier im Heim. Ich mag den Blick aus meinem Zimmer: vor allem die Kirchtürme. Ich sitze gern unten im Aufenthaltsraum. Da fühlt ich man sich wohl und kann sich unterhalten. Und das ist wichtig. Den ganzen Tag allein im Zimmer, da wird man rammdösig. Durch die Nachbarschaft fühl ich mich noch wohler. Meine Nachbarin kommt immer wieder mal vorbei und wir gehen immer zusammen zum Essen. Ich bin sehr gut mit ihr befreundet. Ich kann schon auch mal bockig sein, aber sie verzeiht es mir immer wieder.
Wissen Sie, ich stell keine großen Ansprüche. Ich finde, dass ich mich mit meinen 96 Jahre noch sehen lasen kann und bin nur froh, wenn ich gesund bleibe und ich mich mit meiner lieben Nachbarin weiterhin so gut verstehe. Ich bin stolz darauf, dass ich mich alleine noch bewegen kann. Zwar mit Rollator und Rollstuhl, aber ich bin nicht auf jede Hilfe angewiesen. Man muss alles annehmen, wie es kommt – nicht wie man’s möchte.”