18 Jahre

Von nichts zu allem

Stadtviertel: Freimann
Lieblingsort:
St.-Nikolaus-Platz oder Münchner Freiheit
Beruf:
Azubi zum Bankkaufmann mit Spezialisierung auf Neo- und Crypto-Währung

– vorlesen lassen –

“Nach der Trennung meiner Eltern bin ich bei meiner Mum aufgewachsen. Mit der Zeit wurde sie alkoholabhängig. Darunter habe ich sehr gelitten. Ich war stark übergewichtig, hatte fettige Haare und hab den ganzen Tag gezockt und Fastfood in mich reingestopft. Meine Mum hat sich nicht für mich interessiert. Nur für ihre Sucht. Ich hab den Haushalt geschmissen und mich auch um so Sachen wie den Harz IV Antrag gekümmert. In unserer Wohnung sah es wirklich sehr, sehr schlimm aus. In der Schule und in der Nachbarschaft ist niemandem das Ausmaß der Verwahrlosung aufgefallen – auch meinem Vater nicht, den ich regelmäßig gesehen habe. Meine Mutter war klug genug und hat niemanden in die Wohnung gelassen. Und ich hab niemandem was gesagt, denn ich dachte, dass das normal ist.

Irgendwann musste meine Mutter ins Krankenhaus, und mein Vater hat mich erst mal zu sich genommen. Da sind ihm auf einmal die Umstände klar geworden, in denen ich gelebt habe, und ich bin bei ihm geblieben. Das war für alle gar nicht einfach: mein Vater hat versucht, die Erziehung der letzten Jahre nachzuholen und damit bin ich gar nicht klar gekommen. Ich hab mich an keine Regeln gehalten und sehr viel gelogen. Meine Eltern haben mir nicht vertraut, die Regeln wurden immer strenger, und ich immer aufmüpfiger. Es war für alle nicht angenehm.

Der Erziehungsbeistand vom Jugendamt hat uns dann vorgeschlagen, dass ich in eine Wohngruppe ziehe. Wir waren alle sofort einverstanden. Seit dem hat sich alles ins Positive verändert: ich bin nicht mehr übergewichtig, habe mir einen Freundeskreis aufgebaut, und hab meinem Abschluss mit 1,75 gemacht. Gerade bin ich im 2. Lehrjahr bei der Bank und habe gute Chance, übernommen zu werden. Ich bin super froh und stolz, dass ich diese Chance auf einen Neustart genutzt habe.

Ich hoffe sehr, dass ich mit meiner Geschichte ein paar Leuten einen Gedankenanstoss gebe: Man kann von nichts zu allem kommen. Einfach nicht aufgeben. Man kann alles schaffen und man sollte sich für nichts eine Ausrede suchen. Das ist mein Lebensmotto.”


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