46 Jahre

Verwitwet

Viertel: Trudering
Lieblingsort:
Truderinger Grotte
Beruf:
Marketing und Verwaltungsangestellte

– vorlesen lassen –

“Mein Mann hatte schon länger Probleme mit dem Magen-Darm-Bereich, war aber nicht der Typ, der gleich zum Arzt geht. Wir haben es immer auf den Stress geschoben. Und dann stand in diesem Arztbrief “Karzinom”. Ich bin einfach aus allen Wolken gefallen. 

Ich habe nächtelang nach einer Prognose gegoogelt, die akzeptabel war, habe aber keine gefunden. Bei dieser Diagnose leben nur noch 5 Prozent nach 5 Jahren. Das immer wieder schwarz auf weiß lesen zu müssen, war so schwer. Mein Mann war bis zum Schluss davon überzeugt, dass alles gut wird. Er hat gekämpft und hat sehr viele OPs und Chemos über sich ergehen lassen. Und immer wieder Hoffnung. Doch so richtig wagt man gar nicht zu hoffen, weil man diese Prognose ja im Kopf hat. 

Im September haben uns die Ärzte dann gesagt, dass er “austherapiert” ist. Keiner wusste genau, wie lange er noch zu leben hat. Das hat mir noch einmal die Füße komplett weggezogen und ich hatte nur noch zwei Wünsche: ich wollte unseren 10. Hochzeitstag im November mit ihm erleben und ich wollte unbedingt bei ihm sein, wenn es so weit ist. Beides hat er mir erfüllt: er ist an dem Tag mit mir an seiner Seite friedlich eingeschlafen. Etwas, wofür ich sehr dankbar bin.

Er fehlt – jeden Tag und in jeder Situation, in der ich mich frage, was er wohl getan hätte. Er fehlt als Papa, als starke Schulter und Sparringspartner. Natürlich hätte ich gerne seine Hand gehalten, wenn sie mal faltig geworden wäre. Wir haben immer gesagt, dass wir die vielen Kindersachen auf dem Boden mal vermissen werden, wenn wir alt sind. Jetzt werde ich sie alleine vermissen. Das ist oft so schwer zu ertragen und trotzdem versuche ich auch in solchen schweren Momenten mir und vor allem meinen Kindern immer wieder klarzumachen, dass wir großes Glück hatten, das andere nicht haben.

Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich meinen Mann überhaupt hatte. Ich durfte die Liebe meines Lebens an meiner Seite haben für viele Jahre. Wir haben drei wundervolle Kinder und wir durften tolle Sachen zusammen erleben. Wir sind zusammen gereist, haben viel gelacht, wir haben auch mal gestritten. Aber ich durfte all dies mit ihm erleben. Dafür und für unsere große Liebe bin ich dankbar.”

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