47 Jahre

Der Weg ist das Ziel

Stadtviertel: Fasangarten
Lieblingsort:
der Hachinger Bach, der Perlacher Forst, die Isar und unser Garten
Beruf:
Künstler

– vorlesen lassen –

“Ich bin ganz schön glücklich und zufrieden mit meinem Leben. Mir geht es gut. Ich lebe mit meiner Familie genau da, wo ich groß geworden bin. Mein Onkel Sepp hat hier nach dem Krieg ein Holzhäuschen mit viel Liebe und Herzblut aufgebaut. Irgendwann wurde es zu klein – und wir haben aufgestockt. Den Charakter des Hauses wollte ich immer erhalten. Es wurde ein kunterbunter Pfahlbau und wir alle lieben unser Zuhause. Unten arbeite ich – oben leben wir. Für meine Familie würde ich alles tun: am schönsten ist es, wenn alle meine fünf Jungs da sind und ich für sie Spaghetti Aglio Olio koche. Zum Glück kann ich schon immer von meiner Malerei leben.

Und das ging schon früh los: Mit 17 bin ich mit meiner damaligen Freundin in einer Nacht- und Nebelaktion abgehauen. Wir kamen aus behüteten Verhältnissen und wollten raus – unseren Träumen nachjagen. Fernab der „Spießerwelt”. Wir haben unsere Sparkonten geplündert, reisten erst nach Madrid und dann weiter per Anhalter und zu Fuß durch Spanien. Ein Jahr lang.

Ich hatte meinen Zeichenblock und Bleistifte und hab’ angefangen, Touristen zu karikieren – um unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Anfangs kostete es Überwindung – aber dann hat mich die Faszination der Schnellkarikatur nicht mehr losgelassen: den Menschen gegenüber zu sitzen, ihre Persönlichkeit zu erfassen und sympathisch-treffend und lustig aufs Papier zu bringen. Ich lieb’ es noch immer sehr. Nach meinem Zivildienst war meine nächste Station die Illustration: ich habe für große Zeitschriften, Zeitungen und Werbeagenturen gezeichnet. Eine tolle Zeit – aber irgendwann wurde mir klar: meine Arbeit landet letztlich im Altpapier – so viel Zeit, Liebe und Herzblut. Und so hab ich nach 15 Jahren einen Cut gemacht.

Inzwischen male ich am liebsten aufwendige, humorvolle Gemälde – frei oder als Auftragskunst. Es ist unglaublich spannend, in unterschiedliche Welten tauchen zu dürfen: Ob im Bierzelt, beim Adel, der Vorstandsvorsitzende, der Fernsehstar oder Hochzeitsgast – vor mir und meinem Zeichenblock sind sie gleich. Ich karikiere sie alle – aber immer  auf liebenswerte Art. Ich will Freude transportieren und Lachen schenken – die Welt ist grau genug. Gesellschaftspolitische oder kritische Aussagen treffe ich am liebsten mit Humor.

Gerade fühlt es sich wieder nach Umbruch an. Irgendwann möchte ich gerne ausschließlich frei malen – ohne Aufträge. Das hat aber noch Zeit – mit der Verantwortung für eine Großfamilie … denn wie mein vierjähriger Sohn beim Wandern gerne sagt: „Der Weg ist das Ziel!“

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