51 Jahre

Schleifen

Stadtviertel: Waldtrudering
Lieblingsort:
Tierpark
Beruf:
gastronomische Fachverkäuferin

– vorlesen lassen –

“Meine Theorie ist es, dass das Leben immer in Schleifen, in Wiederholungen verläuft. Man bekommt immer wieder die gleiche Frage oder Situation präsentiert bis man die Lektion, die darin steckt verstanden hat.

Ich kann das ganz gut bei Freundinnen sehen, die immer an den gleichen Typ Mann geraten und nie glücklich werden. Mir ist es im Berufsleben passiert. Mit 15 wollte ich gern Schauspielerin werden, aber mein Mutter wollte, dass ich was “Richtiges” mache. Also hab ich auf meine Mama gehört und eine Lehre angefangen. Ich wusste schon nach 2 Wochen, dass das nicht der richtige Job für mich ist, aber ich hab weitergemacht. Im Laufe meines Berufslebens bin ich immer wieder an einen Punkt gekommen, an dem ich mir die Frage gestellt habe, was ich eigentlich wirklich will: nach dem Gesellen, dem Techniker und den verschiedenen Wechseln in andere Firmen oder Abteilungen. Und immer wieder habe ich mich für den sicheren Weg entschieden: ich wusste nicht, was ich sonst machen sollte! Die Mahnung meiner Mutter hatte ich immer noch im Ohr: “Lern was g’scheids”.

Zum Schluss war ich X Jahre bei dieser einen Firma. Unglücklich, aber ich habe mich nie getraut die vertrauten Pfade zu verlassen. Doch eines Tages habe ich meinen Job wegen einer Umstrukturierung verloren. Nun musste ich mich mit der Situation auseinandersetzen und die Frage endlich beantworten, was ich eigentlich wirklich machen wollte.

An diesem Punkt habe ich gemerkt, dass ich viel noch nicht verarbeitet hatte und ich bin richtig krank geworden. Das war im wahrsten Sinne des Wortes eine “Depression” und es hat eine ganz Zeit gedauert, bis ich da wieder raus kam. Als es mir dann wieder einigermaßen vernünftig ging, habe ich in einem Café bei mir in der Nähe zu arbeiten angefangen. Inzwischen habe ich mich gut eingelebt und ich mag meine Arbeit sehr gerne. Anfangs hat es mich noch an der Ehre gepackt, was die anderen von mir wohl denken, weil ich “nur eine Bedienung” bin. Heute macht mir das nichts mehr aus, denn ich gehe jeden Abend zufrieden nach Hause, stolz darauf etwas geschafft zu haben. Ich glaube, das können nicht so viele Menschen von ihrer Arbeit sagen – das höre ich auch oft von meinen Kunden.

Und so verläuft das Leben in Schleifen. Die gleiche Aufgabe taucht in ähnlicher Variation immer wieder auf. Bis man irgendwann bereit ist, sie klar zu erkennen, anzunehmen und zu lösen. Ich habe meine Aufgabe noch nicht ganz gelöst, aber weiss jetzt sehr viel besser, was ich gut kann und was ich selber möchte. Und so hab ich auch keine Sorge mehr, wenn wir bald München verlassen um woanders ganz neu anzufangen. Früher wäre ich in Panik verfallen, aber jetzt hab ich genug Zuversicht, dass ich schon was Gutes für mich finde, denn: a bisserl was geht immer.”

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