53 Jahre

Rebellin

Viertel: Glockenbachviertel
Lieblingsort:
Isar – und zwar überall
Beruf:
Selbstständige Kaminbauerin

– vorlesen lassen –

“Ich war eine Rebellin und bin schon immer für Gerechtigkeit eingestanden. Deswegen habe ich mir immer sehr viele Rügen eingeholt. Immer wenn ich das Gefühl hatte, dass jemand ungerecht behandelt wird, bin ich in die Bresche gesprungen. Gerade in den früheren Jahren habe ich das nicht immer sehr diplomatisch gemacht. Ich war ehrlich gesagt ziemlich frech und respektlos und habe mir wenig Gedanken über die Konsequenzen gemacht. Aber ich würde es trotzdem immer wieder so machen.

Ich war aufsässig allen und jedem gegenüber, wenn ich etwas ungerecht fand. Am schlimmsten aber war es, wenn Dinge ohne sinnvolle Erklärung verboten wurden. Über solche Sachen hab ich mich einfach hinweggesetzt. Da konnten meine Eltern, die Schule oder das Internat mir noch so viele Strafen geben.
Ich bin viele Leute angegangen. Zum Beispiel hab ich einem Lehrer vor der ganzen Klasse gesagt, dass es ja auch am Lehrer liegen könnte, wenn alle Schüler in einer Schulaufgabe schlecht abschneiden. Das hat mir eine Woche Schulverweis eingebracht. Oder die Lieblingsgeschichte einer Freundin, als ich mit Böllern die Schultoilette gesprengt habe, weil ich die Französischlehrerin wahnsinnig ungerecht fand. Und genauso war ich aber auch Schulsprecherin, die mit Feuereifer und viel Temperament für andere eingestanden ist. Meine Eltern hatten es echt nicht leicht mit mir.

Aber am Ende des Tages bin ich mein ganzes Leben für mich eingestanden und habe die Konsequenzen aus meinem Handeln getragen. Mein Abitur musste ich auf die harte Tour auf dem Abendgymnasium nachmachen, hab es aber mit sehr gutem Abschluss bestanden. Ich hab die Welt bereist, das erste Staatsexamen in Jura gemacht und bin dann nach einigen weiteren Stationen in die Firma meiner Mutter eingestiegen, die ich inzwischen leite. Auch hier wieder: Auf dem Bau kann ich mich ganz gut behaupten und kann mit jedem gut zusammenarbeiten – egal ob Handwerker oder Kunde. All das hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute noch immer bin: immer offen für alle Menschen und für neue Ideen. Ich hab mir mein Leben mit Sicherheit oft schwerer gemacht als nötig. Aber ich finde, das macht mich aus und hat mich geprägt.”


Hör dir die ganze Geschichte hier an – vorgelesen von einer Erzählerin.