55 Jahre

Ein extremes Jahr

Lieblingsorte: Auermühlbach, Alter Haidhauser Friedhof, Alter Schwabinger Friedhof
Beruf:
Personalmanagerin

– vorlesen lassen –

“Dieses Jahr ist ein besonderes, extremes Jahr in meinem Leben: mit unglaublichen Tiefen und existenziellen Herausforderungen. Gleichzeitig aber auch mit großen Glücksmomenten und Höhepunkten. Ein Jahr, das vieles ist, aber nicht ruhig und eintönig. Es hat mich gefordert wie selten etwas zuvor. Ich hoffe nur, dass dieses Jahr im Guten endet.

Mein Sohn hatte und hat dieses Jahr eine sehr schwere, existentielle Phase. Ihn so traurig zu sehen, hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen. Trotz dieser Krise hat er sein Abitur mit 0,86 bestanden. Natürlich macht mich das sehr stolz, aber es hat keine große Bedeutung, wenn das eigene Kind gleichzeitig so leidet. Viel stolzer und berührender als das Abitur war der Moment als er mir mit voller Überzeugung die Rede von Martin Luther King zitiert hat, „I have a Dream“. Dieser Idealismus hat mich sehr berührt. Er ist jetzt stabil und ich bete, dass dies so bleibt.

Ich arbeite für ein großes Wohlfahrtsunternehmen, in dem gerade große Veränderungen stattfinden. Davon hängt natürlich meine Zukunft ab und ich hoffe, dass uns die bevorstehenden Veränderungen voranbringen. Ich arbeite unendlich gerne dort und treffe jeden Tag die Menschen, für die wir letztendlich tätig sind; das heißt, ich treffe jeden Tag den Sinn meiner Arbeit.

Wunderschön ist, dass sich der Mann meines Herzens nach einer tiefen Krise dieses Jahr endlich zu mir aufgemacht hat. Trotz aller Zweifel, die immer wieder mal aufkommen, hatte ich mit ihm von Anfang an das Gefühl: mit dem will ich alt werden. Mit dem will ich irgendwo sitzen und wir machen uns über unsere Falten und Zipperlein lustig. Denn wir können alles miteinander: Reden, zuhören, lachen und weinen, was gibt‘s besseres.

Ich finde es schön, älter zu werden, denn es bringt viel Gutes: ich würde sagen, dass ich heute viel mehr ICH bin als jemals zuvor, mit mir im Reinen. Das Gefühl, jemand oder etwas darstellen zu müssen, irgendwie sein zu müssen, nimmt ab. Ich kann die schönen Momente unendlich genießen, ohne zu hinterfragen, ohne an morgen zu denken, obwohl oder gerade weil ich weiß, dass es andere Momente gibt.”

Lass Dir die Geschichte von einer Erzählerin vorlesen: