63 Jahre

Nachbarschaftshilfe Au

Viertel: Au
Lieblingsort:
mit dem Fahrrad durch die Au 
Beruf:
Sozialarbeiterin

– vorlesen lassen –

“Ich arbeite seit 24 Jahren für die Nachbarschaftshilfe und mein Anliegen ist es, dass wir alle betreuen: ob sie Geld haben oder nicht. Aber die meisten haben kein Geld. Mein Augenmerk liegt auch darauf, dass man viel miteinander spricht, sich austauscht, gegensätzliche Meinungen haben kann und doch miteinander klar kommt. Mir ist es wichtig, dass man sich einbringt, nach rechts und links kuckt und nicht nur geradeaus.

Was vor vielen Jahren mit Räumen am Herrgottseck und einer Krabbelgruppe angefangen hat, hat sich immer weiter entwickelt: Inzwischen haben wir 20 Kindergruppen, bieten Beratungen an, geben Lebensmittel und Gutscheine aus und machen Hausbesuche. Wir helfen psychisch Kranken, älteren Menschen oder Leuten in finanzieller Not, Kindern, die Nachhilfe brauchen oder Leuten, die einsam sind. Nächstes Jahr eröffnen wir einen Shop, in dem Kinder und Jugendliche günstig einkleidet werden können. Bei der jährlichen Weihnachtsaktion beschenken wir bedürftige Kinder und Erwachsene. Ich bin dankbar, dass uns so viele Menschen und Geschäfte immer wieder mit Rabatten, Spenden oder ihrer Zeit unterstützen. 

Im Moment ist es extrem, wie man sich vorstellen kann. Früher kamen die Leute die letzte und jetzt kommen sie schon die zweitletzte Woche im Monat, weil sie nicht wissen, wie sie über die Runden kommen. Ich suche dann Möglichkeiten: gibt es noch Fonds, was bietet die Stadt an oder finden wir Spender. Für viele Menschen entscheidet das, ob sie was zu essen haben, ob sie sich auch mal nen Kaffee oder ein Brot in der Bäckerei kaufen können. Man hört ja immer wieder “So schlimm kann es doch nicht sein.” Aber es ist schlimm. Von der Grundsicherung zu leben war vorher schon schwer, aber jetzt ist es unmöglich. 

Auch wenn man in dem Job nicht verhindern kann, dass man mit der Zeit abgeklärter wird, so gibt es immer wieder Fälle, die gehen dir total an die Substanz. Aber dafür habe ich über Jahre ein gutes Netzwerk aus Ärzten, Schulen und Geschäftsleuten aufgebaut. Und mein Ausgleich ist es, in meiner Freizeit kreativ zu sein und mich mit Freunden zu treffen. Das brauch ich, um immer wieder mein Gleichgewicht zu finden. 

Nächstes Jahr wird ein großes Thema, mein:e Nachfolger:in zu suchen. Ich werde vor allem die Menschen vermissen, aber dann ist wieder Platz für neue Ideen.” 


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