79 Jahre

Familie, Glaube, Ehrenämter

Viertel: Solln
Lieblingsort:
mein Garten
Beruf:
Erzieherin

– vorlesen lassen –

“Ich bin ein Familienmensch und mich hat die Familie mein ganzes Leben lang sehr geprägt. Vorgemacht haben es meine Eltern. Wir waren sechs Kinder, und die Eltern haben uns trotz Krieg und Flucht ein geborgenes Zuhause geschaffen. Mein Vater war der Einzige der Männer, der aus dem Krieg wiederkam. Deswegen hat er viel Wert darauf gelegt, seine Familie wieder zusammenzuführen. Er war schon 50 Jahre, hatte alles verloren und hatte trotzdem den Mut, noch mal von vorne anzufangen. Das hat mir unglaublich imponiert. Meine Mutter war das ausgleichende Element in der Familie. Vor ihrer Selbstlosigkeit, ihrer Besonnenheit und Geduld habe ich heute noch Respekt.
So bin ich in einer Großfamilie aufgewachsen und habe einen Mann geheiratet, der auch aus einer Großfamilie stammte. Es blieb mir eigentlich gar nichts anderes übrig, als mich um die Familie zu kümmern. Ich habe relativ früh meinen Beruf an den Nagel gehängt, mich um meine Kinder gekümmert und meine Eltern, Tanten und Onkels versorgt und später auch meinen Mann gepflegt. 

Als ich gemerkt habe, dass ich vielleicht ein bisschen gluckenhaft bin, habe ich viele Ehrenämter übernommen. Erst war es das Turnen für die Kinder im Turnverein, später dann der Einsatz in unserer Gemeinde beim Kindergottesdienst, zehn Jahre Kirchenvorstand, die Betreuung der Patenschaften mit der Ukraine und vieles mehr. Vor allem die Ehrenämter in der Kirche haben mich sehr geprägt. Ich habe meinen Glauben gefunden und dadurch fühle ich mich heute sicher, geborgen und bin ausgeglichen – mit allen Hochs und Tiefs, die ich erlebt habe. Wenn ich den Glauben nicht gehabt hätte, wäre ich nicht so durchs Leben gekommen.

Vielleicht ist das ein Helfersyndrom, aber ich helfe gerne. Gerade jetzt mit dem Krieg in der Ukraine helfen wir Menschen aus der Partnergemeinde in Kiew und anderen Kriegsregionen. Eigene Fluchterinnerungen kommen wieder hoch. Ich versuche so viel zu machen, wie ich es kann, ich merke, dass ich älter werde. Anderen zuhören kann man immer und es tut vielen so gut. Vor allem aber hab ich das Glück, dass unglaublich viel zurückkommt. 

Das sind so meine Schwerpunkte im Leben: Familie, Glaube und meine Ehrenämter. Und meine Hunde, über die ich alleine 3 Stunden reden könnte. All das macht mich sehr zufrieden. Aber Priorität hat bei mir die Familie. Es war für mich so selbstverständlich, Familie zu haben und später erst habe ich festgestellt, dass es gar nicht mehr so viele Familien wie unsere gibt, und dass das ein ganz besonderer Schatz ist.” 


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