8 Jahre

Das Mädchen mit den sprechenden Augen

Viertel: Laim
Lieblingsorte:
bei meiner Familie
Beruf:
Schülerin

– vorlesen lassen –

Dieses Interview ist etwas besonderes, denn Matilda hat das Rett-Syndrom. Und “Rett-Mädchen” können nicht sprechen. Zumindest nicht im “klassischen Sinne”. Aber Kommunikation ist eben viel mehr als Sprache. Matilda “erzählt” und spricht mit ihren Augen, ihren Gesten, ihrer Mimik, ihren Füßen. Ich durfte Matilda nicht nur kennen, sondern auch verstehen lernen. Daraus ist dieser Text entstanden, den wir mit Matilda abgestimmt haben. Denn Matilda ist unglaublich schlau und weiss genau, was sie will.

“Nur weil ich nicht sprechen kann, heißt das nicht, dass ich nix zu sagen habe. Wenn du gut aufpasst und richtig “zuhörst”, dann merkst du, was ich möchte und wie es mir geht! Manche Leute sind doof und sprechen nicht mit mir, sondern über mich. Das mag ich nicht. Ich merke es ganz genau, ob mich jemand für voll nimmt. Das fing schon in der Krippe an: da wollten die Erzieherinnen immer, dass ich bastel, aber keiner hat mir einfach die Farben beigebracht. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis endlich alle verstanden haben, dass ich nicht einschlafe, weil mir alles zu viel ist, sondern weil ich einfach schnell unterfordert bin. Aber jetzt geh ich in die Schule und ich hab gelernt, meinen Computer mit den Augen zu bedienen. Das ist zwar ganz schön kompliziert und echt anstrengend, aber es macht mir viel Spaß. Vor allem hab ich aber durch den Computer eine weitere Stimme bekommen, die für mich spricht. Bisher hat das meistens meine Mama für mich gemacht. Sie versteht mich am besten, aber ich will ja auch unabhängiger werden und immer mehr lernen!

Ich liebe es Bücher anzuschauen und mit meinen Schwestern zu spielen. Ich will einfach mittendrin und immer mit dabei sein. Ich liebe den Wind in meinem Gesicht und von mir aus kann es gar nicht schnell genug gehen, wenn wir irgendwo unterwegs sind.

Manche Leute wissen nicht, wie sie mit mir umgehen sollen. Das finde ich doof. Denn Mitleid brauch ich nicht. Ich hätte lieber auf jedem Spielplatz eine Nestschaukel. Auf dem Spielplatz vor unserer Tür haben wir jetzt eine, weil meine Schwester sich dafür eingesetzt hat. Und jetzt können alle Kinder miteinander darin spielen. Das mach ich am liebsten: wenn alle miteinander spielen und da sind!”


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