
“Es gibt das schöne Sprichwort: einmal Theater, immer Theater. Auf mich trifft das sehr gut zu. Ich kann es mir ehrlich gesagt schon aufgrund der Struktur nicht wirklich vorstellen, woanders zu arbeiten. Ich wäre einfach nicht gemacht für einen 9 to 5 job. Ich bin Tontechniker am Theater und dort zu arbeiten bedeutet für mich, dass jeder Tag anders ist. Natürlich ist die Arbeiten am Theater sehr fordernd in gewissen Zeiten, aber dafür hat man danach Entspannungsphasen. Vielleicht gibt es das auch im normalen Berufsleben, aber die Absorbtionskraft des Betriebs ist eine ganz andere. Auch wenn es ca. 500 Angestellte gibt, so arbeiten für eine Produktion nur 15-20 Leute für 16 Tage fest zusammen — und zwar den ganzen Tag von 9 Uhr bis 11 Uhr abends. Das entwickelt eine Dynamik, die dann in der Premiere gipfelt. Eine sehr schöne und intensive Zeit. Früher bin ich in den zwei Wochen mehr oder weniger gar nicht mehr nach Hause gegangen, weil man sich nach der Probe noch zusammengesetzt hat und nur kurz zum Schlafen nach Hause gegangen ist. Das hat sich deutlich geändert, seit dem ich Kinder habe, – jetzt muss ich deutlich mehr basteln, damit ich alles unterkriege – aber es sind immer noch immer 2 intensive Wochen. Das muss man wirklich mögen. Aber wenn man es mag, dann macht es unglaublich viel Spaß.
Durch die Corona-Krise hat sich meine Arbeit insofern verändert, dass momentan der kreative Bereich relativ brach liegt. Alle Vorstellungen, alle Produktionen, die anstanden, finden gar nicht statt und es kann aufgrund von Nähe der Leute zueinander nicht einmal geprobt werden. Für uns technische Begleiter ist das schon hart, aber für Schauspieler – also die inhaltsgebenden Kräfte -ist das Theater ein noch intensiverer Lebensinhalt und für die ist es noch viel krasser, dass sie gar nichts tun können. Deshalb überlegen gerade alle, wie man das in andere Formate übertragen kann.
Allerdings wäre es sehr schwierig, Stücke, die schon produziert sind, so abzuwandeln, dass sie funktionieren würden: die Inszenierung und die Anlage des Stückes müsste man komplett verändern. Deshalb sieht man – zumindest bisher noch – davon ab und versucht, alternative Konzepte zu entwicklen. Aber das ist auch sehr schwierig, denn viele Alternativen – wie z.B. der filmische Bereich – haben nicht viel mit Theater zu tun. Theater lebt von der Nähe, dass es menschlichen Bezug gibt, zu dem was auf der Bühne passiert. Und deswegen ist es recht schwierig für ein Theater neue Möglichkeiten zu finden, aber es gibt schon tolle Ideen. Eine Schauspielerin arbeitet z.B. gerade an einem Konzept, dass sich sehr daran anlehnt, was Bernhard Mikeska mal gemacht hat. Das ist zwar unglaublich aufwändig, aber wirklich großartig.

Vielleicht ist es schwierig Theater in ein anderes Format zu transportieren, aber man kann natürlich trotzdem Inhalte schaffen. Wir nehmen zum Beispiel gerade Gulliver’s Reisen auf – einmal für Erwachsene und einmal für Kinder. Das wird jetzt nach und nach auf der Internet-Seite als Hörbuch veröffentlicht. Sowas mal kurz zu produzieren ist nicht so einfach. Das hat nichts mit Theater eigentlich zu tun, aber bietet wenigstens eine Möglichkeit etwas zu tun.
Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann wünsche ich mir in der jetzigen Situation ein bisschen mehr Kreativität, von denen, die entscheiden. Ich weiss, dass es schwerer zu kontrollieren ist, wenn man mehr Sonderlösungen für einzelne Bereiche zulässt, aber ich würde mir wenigstens ein bisschen mehr Kreativität wünschen. Oder zumindest, dass man akzeptiert, wenn jemand einen kreativen Vorschlag macht. Das geht mir gerade ein bisschen ab. Momentan wird gerade mit einer großen Keule überall drauf gehauen und pauschal einfach mal alles abgesagt. Und wenn man eine kreative Lösung zu einem Problem hätte, dann könnte man ja wenigstens mal diese zulassen oder wenigstens diskutieren.”